Spiker's Berlin

Die Gas-Erleuchtungs-Anstalt

Nicht architektonische Pracht, nicht der Reiz einer reichen geschichtlichen Erinnerung ist es, welche diese Darstellung anziehend macht, wohl aber giebt sie der topographischen und historischen Erläuterung einen interessanten Stoff, um auf die Anwendung eines genialen Mechanismus und auf die Fortschritte der Chemie hinzudeuten, welche die Mittel anweisen, auf dem leichtesten Wege das Material zu bereiten, mit dem die zahlreichen Plätze, Strassen und Palläste, so wie die verschiedensten Räume in unserer weiten Hauptstadt erleuchtet werden. Diese Gas-Anstalt liegt zwischen der Stadtmauer und dem Landwehrgraben in geringer Entfernung vom Halleschen Thore. Der Künstler hat zur Aufnahme derselben seinen Standpunkt auf der gegenüber liegenden Wiese genommen, welche »am Johannestisch« genannt wird. Die Imperial-Continental-Gas-Association zu London machte nach dem, auf Befehl des Königs abgeschlossenen Kontrakte, im Jahre 1825/26 diese Anlage. Sie erforderte allein gegen 70,000 Centner Eisen, wovon jährlich gegen 2000 Centner abgenutzt werden. Das Retortenhaus, in welchem das Gas abgedampft wird, enthält 180 bis 190 Retorten, von denen zu manchen Zeiten 150 im Gebrauch sind. Aus dem Retortenhause nimmt es seinen Weg in das Reinigungshaus, wo es geläutert wird, sodann durch die mit Kalkwasser gefüllten Behälter in die grossen Reservoirs von Eisenblech und aus diesen in Röhre von Gusseisen von 10 – 2 Zoll im Durchmesser, die unter der Erde und selbst unter dem Bette der Spree fortlaufen und es an die verschiedenen Punkte führen, wo davon Gebrauch gemacht wird. Solcher Röhren bedurfte es im Sommer 1833 schon so viele, dass sie die Länge von 12 deutschen Meilen zusammen haben. Der grösste Gasverbrauch in den längsten Winternächten betrug 280.000 Kubikfuss und die Anstalt braucht jährlich 50.000 Preuss. Tonnen Steinkohlen. Es brannten im Jahre 1833, 6289 Gasflammen und zwar 1789 öffentliche und 4500 Privat-Gaslichte. Die Strassen-Erleuchtung dauert jährlich 1743 Stunden, welche die Polizei vertheilt. Im Juni, Juli und in den Mondschein-Nächten werden die Gasflammen nicht benutzt. Uebrigens muss man hier bemerken: dass ausser jenen 1789 öffentlichen Gasflammen auch noch 930 grössere und kleinere Oel-Laternen in der Stadt und ihren Umgebungen brennen.

Die Anstalt beschäftigt im Ganzen gegen 140 Menschen. Bei gehöriger Anmeldung ist jedem Gebildeten der Besuch derselben gestattet, und Einheimische und Fremde versäumen nicht dieser merkwürdigen Werkstatt der unermüdeten Thätigkeit, Aufmerksamkeit und Anerkennung zu schenken. Am 19. September 1826. verbreiteten die ersten Gasflammen ihr magisches Licht unter dem langen Laubendache unserer Linden.