Spiker's Berlin

Palais Sr. K. H. Des Prinzen Carl von Preussen *)

Das Königliche Palais auf dem Wilhelmsplatz, welches gegenwärtig von Sr. K. H. dem Prinzen Karl bewohnt wird, gehört mit zu denjenigen Gebäuden der Residenz, welche, wie fast alle großen Häuser der Wilhelms- und Leipziger-Strasse, auf den Wunsch König Friedrich Wilhelm des Ersten von Seinen Ministern, Generalen oder sonst von reichen hieher gezogenen Privatleuten, im Jahre 1737 zu bauen angefangen wurden. Fast zu gleicher Zeit erstanden in der Residenz das jetzige Palais des Prinzen Albrecht K. H., erbaut von dem Baron von Wernezobre, das Kriegs-Ministerium von dem Minister von Happe, das Hôtel de Radziwill vom Ober-Marschall Grafen v. d. Schulenburg, das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten durch den Grafen von Eickstaedt, das sogenannte Sackensche Palais von dem Ober-Jägermeister Grafen Schwerin, das Palais des Prinzen Friedrich K. H. durch einen Herrn von Katte, das Palais der Familie von Voss durch den Minister von Marschall etc.

Das Palais des Prinzen Karl K. H. fing der General-Major Graf Truchses zu Waldburg zu bauen an; derselbe war Chef des zur Zeit in Rathenow garnisonirten Leib-Carabinier-Regiments und stand bei dem Könige in besonderer Gunst; 1722 war er Seiner Majestät Gesandter bei der Krönung Ludwig XV. zu Rheims und 1723 bei der des Kaisers in Prag. Sein Vater war Kurfürstlicher General-Major und Gouverneur von Pillau. Graf Truchses hatte, wie alle übrige Neuanbauende, durch die Gnade des Königs, Bau-Materialien erhalten und war mit seinen, der Residenz noch jetzt zu einer Zierde gereichenden grossen Anlagen ziemlich weit vorgeschritten, als ihn der Tod im 53. Jahre seines Lebens überraschte. Die nachgelassenen Erben kamen dadurch in keine geringe Verlegenheit; allein der grosse Königliche Bauherr erliess sogleich an den Heermeister des St. Johanniter-Ordens, Obersten Prinzen Karl, ersten Sohn des Markgrafen Albrecht von Brandenburg und Stiefbruder König Friedrich des Ersten, ein Kabinets-Schreiben, in welchem der Wunsch enthalten war: dass der Orden gemeinschaftlich mit dem Prinzen Heermeister, das Palais ausbauen möchte. Der Schluss dieser Ordre liess hierüber keine Wahl, indem dieselbe die, damals in den Kabinets-Schreiben häufig übliche Bemerkung enthielt: »Seine Majestät würden dieses Unternehmen als eine Sache ansehen, die Ihnen zum besonderen plaisir gereichen würde.« Dennoch ging fast das ganze Jahr 1738 mit Ordens-Kapitelschlüssen und Berathungen hin, ehe man sich zum Fortbau ver einigte; im Juni 1739 aber bezog der Markgraf Karl die drei zuerst eingerichteten Zimmer und blieb in Besitz des Palais bis zu seinem im Jahre 1762 im Felde zu Breslau erfolgten Tode. Er starb als Königl. General der Infanterie, nachdem er bei verschiedenen Gelegenheiten. Sich besonders ausgezeichnet und in den Schlachten von Molwitz, Hochkirch und Torgau für das Vaterland geblutet hatte. Der Markgraf war, nachdem die Prinzessin Marie von Hessen-Cassel, seine verlobte Braut, gestorben war, unvermählt geblieben.

Sein Nachfolger in der Würde eines Heermeisters des Ordens und im Besitz von dessen Palais, war der jüngste Sohn König Friedrich Wilhelm des Ersten, der Prinz Ferdinand von Preussen, Höchstwelcher zuvor das heutige Vosse_sche Palais bewohnt hatte. S. K. H. blieben im Besitz bis zum Jahre 1810, der Zeit, wo die Auflösung der St. Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg erfolgte und das Palais als Königl. Besitzthum eingezogen wurde. Der Prinz _Ferdinand erlebte in demselben im Jahre 1770 die Geburt der Prinzessin Louise K. H., jetzt verwittwete Fürstin Anton Radziwill, 1771 des Prinzen Heinrich, welcher jedoch 1791 als Koadjutor des Ordens verschied, 1772 des Prinzen Louis Ferdinand von Preussen, welcher den Heldentod in dem Kampfe bei Saalfeld fand, endlich im Jahre 1779 des Prinzen August von Preussen, des würdigen General-Inspecteurs der gesammten Königl. Artillerie.

Seine jetztregierende Majestät verliehen nun dieses Palais dem Grossmeister des neuerrichteten Königlichen Johanniter-Ordens, dem Prinzen Heinrich K. H., mit Höchstdessen Uebereinstimmung es bei Abwesenheit Seiner Königl. Hoheit, von dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, so wie von dem Königl. Generalstaabe benutzt ward. Im Jahre 1826 aber erhielt es seine gegenwärtige hohe Bestimmung und bekam durch den Königl. Geheimen Ober-Baurath Schinkel, nach den Angaben S. K. H. des Prinzen Karl, seine heutige Einrichtung, bei welcher neben aller Einfachheit ein reiner geschmackvoller Styl vorherrsehend ist, und S. K. Hoheit von der Ansicht ausgegangen sind, nur dem vaterländischen Gewerbe den Zutritt zu lassen. Am 31. December des Jahres 1828 ward es von S. K. Hoheit in Besitz genommen, und am 1. März 1829 wurde die Prinzessin Gemahlin S. K. Hoheit darin von einer Prinzessin entbunden, welche in der heiligen Taufe in diesem Palais, den gefeierten Namen Louise erhielt.

Die Fronte des Palais am Platze ist 167 Fuss lang, die Fronte in der Strasse 191 Fuss. Der Tanzsaal ist 50 F. lang, 36 F. tief, die Gallerie 98 1/2 Fuss lang und 23 F. tief, ein dritter Saal (der Königs-Saal mit den Portraits aller Könige von Preussen) hat 34 F. im Quadrat. Diese drei Hauptpiecen, welche in derselben Fronte liegen, haben eine Höhe von 21 F.

Es würde zu weitläuftig seyn, hier noch eine detaillirte Beschreibung der inneren Einrichtung und der werthvollen Gegenstände zu geben, welche im Besitz Ihrer Königl. Hoheiten, den Schmuck dieses Königl. Palais ausmachen; wir erwähnen nur der Haupt-Treppe im Palais, welche von Gusseisen ist und Stufen von Schlesischem Marmor hat; auch dürfen wir eine werthvolle Waffen-Sammlung nicht unberührt lassen, deren kostbare Rüstungen und Waffenstücke aller Art Seine Königl. Hoheit nach und nach, mit tiefer Sachkenntniss angeschafft und in einer besonderen Halle auf eine höchst geschmackvolle Weise haben aufstellen lassen; die seltenen zum Theil reich verzierten, an die Pracht des Orients mahnenden Gegenstände sind von der Art, dass diese Sammlung den ausgezeichnetesten Rüstkammern in Europa, an die Seite gesetzt werden darf. Die beiden vorzüglichsten Thür-Glas-Fenster von altem gebrannten Glase aus der schönsten Zeit, hat die Stadt Cöln Sr. Königl. Hoheit bei Gelegenheit der Einrichtung dieser Halle als Geschenk dargebracht; sie sind in der hiesigen Residenz einzig in ihrer Art. Auch haben S. K. Hoheit in diesem schönen Waffensaal dem berühmten broncenen Kaiserstuhl aus dem Dom von Goslar einen Ehrenplatz anweisen lassen, und aus der neueren Zeit knüpft sich an diese Halle das Andenken an den Helden von Saalfeld, der in früher Jugend diese Räume bewohnte.

***

Der, vor dem Palais gelegene Wilhelmsplatz, ehemals Wilhelmsmarkt, war bei seiner Anlage gepflastert und hatte ein hölzernes Geländer. Im Jahre 1749 ward das Pflaster wieder aufgerissen und der Platz mit Linden bepflanzt. 1771 liess Friedrich der Grosse dem Heldengreis Schwerin eine Statue errichten; sie blieb auf diesem Platze sechs Jahre allein, dann folgte die Statue von Winterfeld (1777), die von Seydlitz und die von Keith (1778), von des Höchstseel. Königs Majestät aber die von Zieten, und im Jahre 1828. erfolgte, bei Gründung des Museums, die Versetzung der Statue des Herzogs Leopold von Anhalt-Dessau von dem ehemaligen Lustgarten, hieher.

*) Diesen Aufsatz hat auf die ergebene Bitte des Verlegers der Herr Hofmarschall von Schöning, aus seinen reichen historischen Sammlungen für diesen Zweck zusammenzustellen die Güte gehabt.