Spiker's Berlin

Der Äussere Hof des K. Schlosses

Eben so imposant, wie durch seine Lage, als der Endpunkt des schönsten Theiles von Berlin und mit den grossartigsten und eigenthümlichsten Bauwerken dreier Königs Regierungen sich gegenüber, das K. Schloss sich ausnimmt, ist auch die Ansicht der beiden Schlosshöfe, von denen der sogenannte äussere auf dem vorliegenden Blatte abgebildet ist. Die, dem Beschauer gegenüber stehende, Seite ist dieselbe, welche man in dem 1sten Hefte unseres Werkes im Hintergrunde der breiten Strasse dargestellt sieht, und die in der Ecke links sichtbare Portal-Oeffnung die, welche dem grossartigen Portale auf jener Ansicht, nach dem Schlossplatze, gegenüber liegt. Diese Seite, deren drittes Stockwerk gegenwärtig S. K. H. dem Prinzen Wilhelm, Bruder Sr. Maj. des Königs, zur Wohnung dient, hat, nach dem Hofe zu, zwei gleichförmige Portale, über welchen mehrere, mit gekuppelten Säulen versehene, Balkone in der Linie der verschiedenen Stockwerke, jedoch ohne Vorsprung, angebracht sind. Die linke Seite unseres Bildes zeigt das grosse fünfstöckige Queergebäude, welches beide Höfe, den äussern und innern, von einander trennt, und zu den ältesten Theilen des Schlosses gehört. Es wurde unter der Regierung des Kurfürsten Johann Georg im Jahre 1590, nach dem Plane des (an die Stelle des entlassenen ital. Baumeisters Chiaramela von Gandino*) berufenen) Baumeisters Rochus Guerini v. Lynar, ebenfalls eines Italieners**), aufgeführt, und trug, da es die dritte Seite des damaligen einzigen Schlosshofes bildete, den Namen des dritten Hauses. Lynar entwarf indess nur den Plan dazu; die Ausführung wurde einem dritten Italiener, Peter Niuron, aus Lugano ***), übertragen, welcher den Bau im Jahr 1594 (zwei Jahre vor Lynar’s Tode) vollendete. Schon damals wurden die Keller dieses Gebäudes zu Weinkellern bestimmt, zu denen sie gegenwärtig, für die Königl. Kellerei, noch dienen. Das Erdgeschoss und das erste Stockwerk wurden zum kurf. Archive, der Kammer, Kanzlei u. s. w. bestimmt und deswegen gewölbt, und die beiden obern Stockwerke sollten den ankommenden fremden Herrschaften zur Wohnung dienen, weswegen sie von dem Hofmaler, Meister Hieronymus****), ausgemalt wurden.

Das niedrige, zwei Stock hohe Gebäude, in welchem man die Oeffnung des, zu dem innern Schlosshofe führenden, Bogenganges bemerkt, hatte anfänglich nur ein Stockwerk, und diente, wie noch itzt, zu den Schloss–Küchen. Nachdem das Gebäude im J. 1606 ein flaches Dach, wie ein Altan, erhalten hatte, von dem eine Treppe in das ehe malige Zeughaus hinabführte, blieb dieser Theil des Schlosses so bis zum J. 1681, wo unter dem grossen Kurfürsten, auf diese Küchen der grosse, im Innern mit korinthischen Pilastern verzierte, Saal aufgesetzt wurde, der später zum Hoftheater bestimmt ward, und in welchem, unter Friedrich d. Gr., italienische komische Opern aufgeführt wurden *****).

Zur Rechten unseres Bildes sieht man den innern Theil des von Eosander v. Göthe (dem Nachfolger Schlüter’s) gebauten, grossen Portals, das eine Nachahmung des Triumphbogens des Kaisers Septimius Severus in Rom, aber in ungleich grösserem Verhältnisse, ist und ursprünglich einen Thurm mit einer Kuppel tragen sollte. In der Mitte ist ein hoher Bogen, dem zwei niedrigere zur Seite stehen. Das Portal ist mit vier freistehenden Säulen, römischer Ordnung, verziert, auf denen eine Attika ruht. Die vier, über den Säulen befindlichen, Postamente, über denen sich abermals ein verkröpftes Gebälk hinzieht, scheinen bestimmt gewesen zu seyn, Statuen zu tragen, die aber nie aufgestellt worden sind.

*) oder Chiaramella. Er war aus Venedig und wurde im J. 1562. zum Baue der Festung Spandau (den sein Nachfolger, Gr. Lynar , beendigte) berufen. Im J. 1578 bekam er seine, sehr ehrenvolle, Entlassung.

**) Dieser merkwürdige Mann spielte in der Regierung Johann Georgs eine grosse Rolle. Aus dem alten Florentinischen Geschlecht der Guerini, die sich nach dem Schlosse Lynar (zwischen Modigliana und Marradi, das bei einer Fehde zwischen den Manfredi und Faenza, an der auch die Lynar Theil nahmen, zerstört wurde) in ihrem Vaterlande, so nannten, entsprossen und zu Marradi im J. 1525 geboren, erhielt er seine erste Erziehung mit dem nachherigen Grossherzog von Florenz Cosmo I. oder dem Grossen, und lernte nachher unter dem berühmten Alphons von Ferrara den Krieg. Nach dem Tode des Herzogs Alphons, ging er, 14 Jahr alt, mit nach Africa, wo sein Vater, Jo. Bapt. v. Lynar, unter Karl V. bei der Expedition nach Tunis ein Infanterie Regiment befehligte: nach seiner Zurückkunft ward er Kammerjunker bei dem Herzog Alessandro v. Medici, einem Seiten-Verwandten des Cosmo, begab sich aber, als sein Vater im J. 1540 starb und er sich, wegen der Feindschaft des Hauses Malespina (von dem sein Vater einen erstochen hatte) gegen seine Familie, in Florenz nicht sehr sicher glaubte, mit den Empfehlungen des Hauses Medici nach Frankreich, und wurde von Franz I. als Kammerjunker bei dem Dauphin angestellt. In Frankreich diente er, sowohl unter Franz, als unter dessen Nachfolgern, Heinrich II., Franz II. und Karl IX., im Felde, und zeichnete sich namentlich als Festungs-Baumeister aus. Im J. 1560 ging er zur evangelischen Religion über, blieb zwar, ungeachtet seiner Religionsveränderung, in Karls IX. Diensten, sah sich aber, als die Verfolgung seiner Glaubensgenossen zu drückend wurde, gezwungen, nach Deutschland zu gehen.

Im J. 1578 trat er, nachdem er mehreren deutschen Höfen, namentlich dem kurpfälzischen und sächsischen, als Festungs-Baumeister gedient, in kurfürstl. Brandenburgische Dienste, wo er nicht allein bedeutende Civil- und Militär-Bauten ausführte, sondern auch, als Ober-Zeugmeister, zuerst die Brandenburgische Artillerie in guten Stand setzte. Er starb im J. 1596.

***) Er baute schon zu Joachims II. Zeiten und wurde im J. 1590 unter J. Georg zum General Baumeister, unter dem Grafen v. Lynar, ernannt. Gegen das J. 1603 verliess er Berlin.

****) Hieronymus Rosenbaum, wie er in den Spändauer Raths-Kämmerei-Rechnungen genannt wird.

*****) Dieser Bau wurde angeblich von dem Hof-Baumeister M. M. Smid geleitet. Wahrscheinlich gab dieser indess nur den Namen dazu her, und sein talentvoller Schüler, J. A. Nering, führte ihn aus. In dem Saale standen früher die 16, von Eggers angefertigten, Marmor-Statuen, welche sich itzt im weissen Saale befinden, woher er auch der Alabaster- oder weisse Saal hiess. S. die Abbildung in Beger’s Thesaurus brandenb. Thl. 1. pag 226.