Spiker's Berlin

Die neue Friedrichs-Werdersche Kirche

Der Standpunkt, welchen der Künstler gewählt hat, ist von dem Opern- (oder dem, zwischen dem Opernhause und der Königl. Bibliothek gelegenen, grossen) Platze genommen, und man sieht daher im Vordergrunde, zur Linken, die Hinterseite des Königl. Opernhauses mit der grossen hölzernen Rampe, welche zum Hinaufführen der Pferde, die auf der Bühne gebraucht werden sollen, so wie zum Hinaufschaffen grosser und schwerer Decorationsstücke dient. Die Hinterfronte des Opernhauses ist mit sechs korinthischen Wandpfeilern geziert, über denen sich ein Giebel erhebt. Diesem Gebäude gegenüber, zur Rechten, im Vordergrunde, sieht man einen Theil der Vorderseite der katholischen St. Hedwigs-Kirche, die im Jahre 1747 nach den, von Friedrich dem Grossen selbst entworfenen, Zeichnungen angefangen, allein erst später vollendet und im Jahre 1773 eingeweiht wurde. Das Portal von sechs ionischen (leider nicht freistehenden) Säulen liess der, auch als Gelehrter bekannte, Cardinal Quirini auf seine eigenen Kosten erbauen; man steigt zu demselben auf einer schönen und breiten Freitreppe hinan. Die Bildsäulen auf den Akroterien des Giebels, von denen man die eine auf dem vorliegenden Bilde sieht, rühren von dem Bildhauer Meier dem ält. her; die Kuppel erbaute, nach einer sehr kühnen Construction, der Baumeister Boumann der Vater.

Zwischen diesen Gebäuden hindurch sieht man, im Mittelgrunde, zur Rechten, ein Privathaus mit einem auf Säulen ruhenden Balkon und einem Garten davor, links eine Baumgruppe, welche, zum grösseren Theile, zu dem Garten des sogenannten Prinzessinnen–Palais, eines Theiles des Königl. Palais, gehört, und im Hintergrunde die Werdersche Kirche mit ihren beiden, auf dem südlichen Ende derselben stehenden, viereckten Thürmen. Diese Kirche, welche in den Jahren 1821 – 1830 nach der Zeichnung des Herrn Geh. Ober-Bau-Raths Schinkel an der Stelle der alten Werderschen Kirche, die baufällig geworden war *), auf geführt wurde, ist, im modern-gothischen Stil, von gebrannten Steinen erbaut und hat mit einigen in der neueren Zeit aufgeführten englischen Kirchen, z. B. der St. Margarethen-Kirche, nahe bei der Westminster-Abtey, in London, auffallende Aehnlichkeit. In den beiden, durch eine durchbrochene Gallerie mit einander verbundenen, Thürmen, von denen man eine schöne Aussicht über Berlin geniesst, befinden sich das Uhrwerk und die Glocken der Kirche. Das entgegengesetzte (nördliche) Ende, welches in ein Fünfeck ausläuft, ist, auf dem Bilde, von den Bäumen halb verdeckt, so wie man von den Fenstern ebenfalls nur den oberen Theil, mit den reichen, aus gebranntem Thon gefertigten, Verzierungen der Spizbogen, sieht. Die Kirche selbst ist, von der Frontlinie der Thürme in der Vorderseite bis zu dem äussersten Punkte des Fünfecks, 199 Fuss lang, und die Thürme haben 134 Fuss Höhe.

*) Das Gebäude war ursprünglich eine Reitbahn, die Friedrich III. im Jahre 1669, nach Grünberg’s Zeichnungen, von Simonetti zu einer Kirche umgestalten liess.