Spiker's Berlin

Die St. Nikolai-Kirche

Mit der St. Marien-Kirche zu den ältesten gottesdienstlichen Gebäuden Berlins gehörend, trägt diese Kirche, mehr als jene, das Gepräge des Alterthümlichen an sich, indem die Festigkeit des äussern Baues es möglich machte, diesen ganz so zu erhalten, wie er zur Zeit der Vollendung des Gebäudes sich darstellte.

Man nimmt gewöhnlich das Jahr 1223 als das Stiftungs-Jahr der Kirche an, doch möchte man ihren Ursprung in eine noch frühere Zeit verlegen dürfen, da eine Inschrift an der innern Wand des Gebäudes, links von der Orgel, die Jahres zahl 1223 als die erste mehrerer Data unter der gemeinsamen Rubrik RENOVATUM enthält. Hieraus geht also hervor, dass das Gebäude selbst schon früher vorhanden gewesen sey, wenn man auch, aus Mangel an Documenten, darüber nichts Genaues mehr angeben kann.

Eine Urkunde von 1244 erwähnt zuerst eines Probstes von St. Nikolai, dem nicht nur die St. Marien-Kirche, sondern auch die St. Petri-Kirche in dem Stadttheil Cöln, als zu seiner geistlichen Gerichtsbarkeit gehörig, untergeben war.

Wie die St. Marien-Kirche wurde die St. Nikolai-Kirche im Jahre 1380 fast gänzlich durch eine Feuersbrunst, von der Berlin heimgesucht wurde, zerstört, sehr bald aber wieder aufgebaut, jedoch, wie es scheint, so eilig und wenig haltbar, dass schon im Jahre 1460 eine gänzliche Erneuerung vorgenommen werden musste, bei welcher Gelegenheit die Kirche wahrscheinlich die äussere Gestalt erhielt, wie wir sie noch itzt sehen, so dass man sie also (mit Ausnahme der Brandmauer neben dem Thurme, die aus einer viel ältern Zeit herrührt) als ein Denkmal der Baukunst des 15ten Jahrhunderts ansehen kann. Eigenthümlich ist es, dass man noch itzt, an der Vorderwand, neben dem aufgeführten Thurme, zur Linken einen niedrigen, bedachten Aufbau sieht, der wahrscheinlich einem zweiten Thurme zur Grundlage dienen sollte, so dass diese Kirche unter den älteren gottesdienstlichen Gebäuden Berlins vielleicht die einzige war, welche, wie viele Kirchen in den alten süd- und norddeutschen Städten, zwei Thürme neben einander erhalten sollte. In der Kirche selbst wurden seit der Reformation mehrere Male Erneuerungen und Umgestaltungen vorgenommen: der Haupt Umbau des Innern fand indess im Jahre 1817 statt, wo, nach einem Gutachten des Herrn Geh. Ob. Bau-Raths Schinkel, die Kirche so eingerichtet und erneuert wurde, wie sie izt zu sehen ist. – Auch die St. Nikolai-Kirche ist an Denkmälern reich, unter denen sich besonders die des gelehrten und trefflichen Kanzlers Lambert Distelmeyer, des berühmten Geschichtschreibers Sam. v. Pufendorf, des geistlichen Liederdichters Porst, des frommen Theologen Phil. Jac. Spener, des Stifters des nach ihm genannten Waisenhauses in Berlin, des Geh. Raths S. Schindler, des geistreichen Kanzelredners Spalding u. s. w. auszeichnen.

Die Umgebungen der Kirche, die zwischen ziemlich engen Strassen und Gassen halb versteckt liegt, bieten nichts Merkwürdiges dar, und die einfache Vorderseite, welche, wie bei der St. Marien-Kirche, durch keine Verzierung sich auszeichnet, verliert dadurch nicht, dass sie dem Auge des Beschauers durch die in der Linie der Post-Strasse liegenden Fleischer-Scharrn halb verdeckt wird.